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Glaubenssätze

03.10.2018

  Hemmende Glaubenssätze

Die Bremse im Kopf

„Jeder Mensch trägt sein eigenes Gefängnis mit sich herum: seinen Kopf. Als Gitterstäbe fungieren Glaubenssätze“, so die treffende Einschätzung des Erfolgsautors Martin Wehrle. Wir alle beherbergen in unserem Kopf ein Bündel kurioser Lebensbegleiter: Glaubenssätze! Sie begleiten uns oft ein Leben lang und bremsen zuweilen auch persönliche Entwicklungen. „Führung liegt mir nicht!“ „In meiner Familie hat niemand Erfolg, ich auch nicht!“ „Zum Verkaufen habe ich kein Talent“, „da wird genau der Mitarbeiter gekündigt, der schon immer sagt, dass es ihn als Ersten trifft, wenn Stellen abgebaut werden.“

Jeder kennt derartige Faustregeln, das ist völlig normal. Glaubenssätze beruhen auf Verallgemeinerungen eigener Erfahrungen, werden vom sozialen Umfeld vermittelt, auch in Unternehmen, oder bereits in der Kindheit dem Nachwuchs ins Lebensbuch geschrieben. („Mein Vater hat immer gesagt,...“). Häufig handelt es sich um negative Glaubenssätze. Einer Studie zufolge hört ein Kind pro Tag 449 Bemerkungen, davon lediglich 37 positive. „Das geht jetzt nicht“, „erst die Arbeit, dann das Vergnügen“, „Lass die Finger davon!“ So kann die Überzeugung wachsen, dass unwichtig ist, was das Kind selber will. Im Laufe der Erziehung wird vieles, was wir hören, beobachten oder erleben in unserem Gehirn verankert. Auf Basis dieser Prägung entwickeln sich Verhaltens- und Denkmuster, die – meistens unbewusst – wiederholt werden, wodurch sie noch stabiler werden.

Dummy

Der Glaube versetzt Berge?

Glaubenssätze sind subjektive Annahmen über die eigene Person, über andere oder Verallgemeinerungen über das Leben an sich („Geld stinkt nicht!“). Es gibt positive Lebensregeln, „das wäre ja gelacht, wenn ich das nicht schaffen könnte!“, welche die persönliche Entwicklung vorantreiben, und hemmende, welche unsere Möglichkeiten einschränken. Problematisch ist, dass viele „Lebensweisheiten“ ursprünglich durchaus berechtigt gewesen sein können und vielleicht eine Anpassung an die damaligen Verhältnisse waren. In der aktuellen Realität jedoch ist deren Lenkungsfunktion verblasst und nicht mehr anwendbar. So können sich jahrelang existierende Glaubenssätze zu irrealen Trugbildern wandeln. Glaubenssätze haben die Eigenschaft, nach Bestätigung zu suchen. Die selbst erfüllende Prophezeiung zum Beispiel – „vor einem großen Publikum kann ich nicht sprechen“ – führt dazu, dass Menschen erst durch ihr Denkmuster genau das bewirken, was sie zuvor von sich dachten, die Rede vor einem größeren Zuhörerkreis gerät dann tatsächlich zum Fiasko. So verhält es sich auch beim sogenannten Bestätigungsirrtum. In einer Untersuchung wurden zwei Gruppen von Probanden ein ausgewogener, identischer Text über die Vor- und Nachteile einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf Autobahnen vorgelegt. Die eine Gruppe, die Befürworter der Maßnahme, fühlten sich durch die Studie genauso bestätigt wie die zweite Gruppe, die sich vorher gegen die Geschwindigkeitsbegrenzung ausgesprochen hatte. Alle konzentrierten sich auf jene Argumente, die ihr Weltbild bestätigten. Gegenargumente wurden ausgeblendet. Auch bei der selektiven Wahrnehmung wird häufig der Fokus auf jene Impulse und Reize gelegt, welche die eigenen Erwartungen bestätigen.

 

Auf die Dauer der Zeit nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an. Marc Aurel

  Zapfen Sie Ihre Emotionen an!

Glaubenssätze in ihre Schranken verweisen

Auch wenn Glaubenssätze Gewohnheit und Bequemlichkeit bedienen und eine schnelle Orientierung in einer zusehends komplexeren Welt versprechen, sind sie jedoch oft mit unangenehmen Gefühlen verknüpft. Wie kann man den attraktiven Verheißungen der Glaubenssätze widerstehen? Wie lässt sich ihre Bremskraft verringern?

Glaubenssätze sind keine Wahrheitssätze. Es sind oft von der Umgebung befeuerte „Wahrheitenaus vergangenen Tagen. Von daher empfiehlt es sich, diesen Glaubenssätzen auf die Spur zu kommen, sie zu hinterfragen und zu prüfen, inwieweit sie schon öfter Schwierigkeiten verursacht haben. Die Sprache kann Aufschluss geben. Grobe Verallgemeinerungen wie „alle“, „immer“, „nie“ können verräterische Merkmale für limitierende Glaubenssätze sein. Eine bewährte Möglichkeit, Glaubenssätze im gegenwärtigen Licht erscheinen zu lassen, ist, sie mit der aktuellen Situation zu konfrontieren. Wir bleiben bei unserem Beispiel: „Ich kann vor großem Publikum nicht sprechen!“. „Stimmt es denn wirklich, dass ich vor größerem Publikum versage?“ „Gilt das auch für eine kleinere Gruppe von Zuhörern?“ „Welche Voraussetzungen wären nötig, damit ich meine Versagensängste verliere?“ Wer an seinen bremsenden Annahmen festklebt, sollte seinen Blick auf das Ziel richten. Veränderungsenergie wird oft geweckt durch den Blick nach vorn. Im Coaching hat sich eine Methode bewährt, die als „Bahnhofsmetapher“ in die Literatur einging. Die Ausgangslage wird als Startbahnhof gesehen, der Blick wird allerdings auf eine „Zwischenstation“ gelenkt. „Welche Schritte habe ich bisher unternommen, um derartige Hürden zu nehmen?“ Die Annahme, bereits einen Teil der Problembewältigung geschafft zu haben, trägt zur Entspannung bei und schärft den Blick für zukünftiges Gelingen. „Was muss geschehen, damit ich den Zielbahnhof erreiche?“ "Welche Etappen muss ich noch nehmen?"

Ob die Konfrontation mit Fakten, wie es von einigen Autoren empfohlen wird, Glaubenssätzen Paroli bieten kann, erscheint mir zweifelhaft, denn Glaubenssätze sind an starke Emotionen gekoppelt. Und die lassen sich schwerlich mit Sachinhalten vertreiben. Hinzu kommt, dass wir uns an den Entstehungsmoment der Glaubenssätze in der Regel nicht erinnern können, sie schwirren in unseren Köpfen herum und schlagen zu, wenn ihre Chance gekommen ist. Was wir bewußt wahrnehmen, sind Gefühle. Glaubenssätze reiten ohnehin stets auf einer Welle von Emotionen. Insofern empfiehlt die Personalentwicklerin Nicole Truchseß, neue Denkmuster zu entwickeln, den Einfluss der missliebigen Glaubenssätze durch positive Gefühle oder durch Humor zu untergraben sowie Maßnahmen der „emotionalen Selbstregulation“ zu erlernen. Ein Erfolgstagebuch unterstützt hierbei Zuversicht und Durchhaltevermögen.

 

Eine Angewohnheit kann man nicht aus dem Fenster werfen. Man muss sie prügeln! Stufe für Stufe. Marc Twain