MKL Logo

Mitarbeitergespräch

21.09.2015

  Alle Jahre wieder

Das Mitarbeitergespräch als Chance

Das Jahr geht zu Ende – Zeit für das Mitarbeitergespräch. Zeit, die Leistungen unter die Lupe zu nehmen. Zeit, ein Blick auf die Jahresziele zu werfen. Zeit für ein Feed-Back. Mitarbeitergespräche sind der Dreh- und Angelpunkt im Geschäftsleben, sie zählen zu den wirksamsten Führungsinstrumenten und sind zentraler Bestandteil einer kooperativen, wertschätzenden und zielorientierten Führung. Nicht selten jedoch haben Chef und Mitarbeiter wenig Freude daran, nur bei Wenigen löst es frohe Erwartungen aus. Dass Mitarbeiter und Vorgesetzte offenbar gleichermaßen mit einem unguten Gefühl in die Jahresgespräche gehen, entspricht meinen Erfahrungen und wird in meinen Workshops immer wieder von den Teilnehmern beschrieben.

Die Mitarbeiter beklagen, dass der Chef zu selten Zeit für ein Gespräch aufbringt, sie kritisieren, dass die Ziele nicht vereinbart, sondern „von oben“ aufgedrückt werden. Die Vorgesetzten ihrerseits bedauern ebenfalls, dass ihnen ihr Job zu wenig Zeit für ein umfassendes Gespräch lässt. Und viele Vorgesetzte haben ein mulmiges Gefühl in der Bauchgegend, wenn ihnen bei einem Mitarbeiter ein Kritikgespräch bevorsteht. Mitarbeitergespräche sind oft anstrengend, zeitaufwendig und mitunter unangenehm. Aber es geht auch anders.

Die Chancen eines professionellen Mitarbeitergesprächs, von denen die Führungskraft, der Mitarbeiter und das ganze Unternehmen profitieren können, sind enorm: die Zusammenarbeit wird verbessert, die Leistungsbereitschaft nimmt zu, Motivation und Arbeitszufriedenheit steigen, gemeinsam entwickelte Ziele führen zu Klarheit und Orientierung, und letztlich sind es die Kunden, die eher von zufriedenen Mitarbeitern kaufen wollen. Kunden sind die alles entscheidende Instanz. Dieses Potential kann aber nur freigelegt werden, wenn einige Anforderungen erfüllt sind.

 

Die größte Macht hat das richtige Wort zur richtigen Zeit. Mark Twain

 

  Wie war ich?

Feedback - Kommunikation und Kooperation

Im Zentrum eines Mitarbeitergesprächs steht das Feedback. Hier gilt es, bestimmte Grundvoraussetzungen zu beachten. Zunächst einmal sollten Gespräche zwischen dem Vorgesetzten und dem Mitarbeiter jahresbegleitend stattfinden und nicht nur einmal im Jahr. Eine Rückmeldung wirkt stärker, wenn sie zeitnah geschieht. Auch sollte man sich im Klaren sein, dass jede Äußerung eine emotionale Reaktion erzeugt, Gefühle lassen sich nie vermeiden. Von daher sollte sich das Feedback auf das Verhalten und nicht auf die Person richten, denn es geht hier nicht um die Optimierung einer Persönlichkeit, sondern darum, den Mitarbeiter darin zu unterstützen, sich zu verändern. Das ist nicht leicht, denn auch ein einfacher Hinweis entspringt oft einem komplexen Gemisch von Beobachtungen und Wertvorstellungen. Man kann es jedoch lernen. Weiterhin wird oft gefordert, beim Feedback das Verhalten des Mitarbeiters nur zu beschreiben und nicht zu beurteilen. Das stellt für viele jedoch eine Hürde dar, denn wir können nicht wertungsfrei kommunizieren. Mitunter riecht der Mitarbeiter den Braten, fühlt sich gekränkt und rechtfertigt sein Verhalten. Auch hier gibt es Alternativen.

Dummy

Sie haben einen blinden Fleck auf Ihrer Jacke!

Vorgesetzte sollten Ausschau nach einem sogenannten blinden Fleck halten. Jeder Mensch besitzt Eigenarten, die andere um ihn herum wahrnehmen, er selbst jedoch nicht kennt. Häufig zeigt sich ein blinder Fleck in Mimik und Stimme. Neurowissenschaftliche Untersuchungen haben bestätigt, dass wir den eigenen Tonfall und den Gesichtsausdruck nicht wahrnehmen, wenn wir kommunizieren, weil wir mehr auf den Inhalt achten. Erst die Art zu sprechen, sowie die Mimik geben den Wörtern ihre tatsächliche Bedeutung. Einen blinden Fleck bei sich zu erkennen kann dazu beitragen, sich zu verändern und in eine andere Richtung zu entwickeln.

Chris Wolf und Heinz Jiranek haben ein sehr bemerkenswertes Buch geschrieben (Feedback – nur was erreicht, kann auch bewegen) und ein Modell entwickelt, das sie „Resonanzfeedback“ nennen. Kerngedanke ist, dass ein gutes Feedbackgespräch auf eine realistisch zu erwartende Wirkung zielt und beim Empfänger Resonanz statt Widerstand bewirkt. Jeder von uns kennt sein Verhalten nur aus der Innenperspektive. Der Feedbackgeber ergänzt diese durch eine Außenperspektive. Im Zusammentreffen beider Sichtweisen ergeben sich mannigfaltige Chancen für die Kooperation von Chef und Mitarbeiter. Im übrigen gibt es nur einen, der entscheidet, ob das Feedback angenommen wird: Der Mitarbeiter selbst.

Von Teilnehmern meiner Workshops habe ich oft gehört, dass es für Mitarbeiter durchaus nützlich sein kann, das Feedback zu akzeptieren und die Sichtweise des Feedbackgebers unvoreingenommen anzunehmen. Ob ein Ratschlag später befolgt wird oder nicht, kann zu diesem Zeitpunkt offen bleiben. Das entspannt voreiligen Reaktionsdruck und gibt Zeit, darüber nachzudenken. Gerade, wenn die Rückmeldung Widerstand hervorruft, besteht die Chance, wertvolle Informationen über sich selbst und andere zu erhalten.

Eine Aufgabe vieler Mitarbeitergespräche liegt darin, Veränderungsprozesse in die Wege zu leiten. Viele Führungskräfte versuchen, diesen Vorgang mit Anweisungen zu steuern oder an die Einsicht des Mitarbeiters zu appellieren. Beide Strategien stoßen rasch an die Grenzen der Wirksamkeit. Aus neurowissenschaftlicher Sicht wissen wir, dass in Umstellungsphasen nur eine Strategie effektiv ist: Die Orientierung an der Persönlichkeit des Mitarbeiters. Dies setzt ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen voraus. Eine Verhaltensänderung ist nur dann nachhaltig effektiv, wenn der Mitarbeiter von der Notwendigkeit seines Mittuns überzeugt ist und er Chancen für seinen individuellen Nutzen erkennt. Auch diesen Aspekt kann man lernen.

Mitarbeiterorientierte Jahresgespräche sind bestens geeignet, auch die Außenwirkung zu verbessern und damit den Unternehmenserfolg zu steigern.

 

Ich halte Feedback für eine heilsame und aussichtsreiche Sache - wenn es eingebettet ist in ein Gespräch, in dem die Wahrheit zu zweit beginnt. Friedemann Schulz von Thun