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Schlauer Scheitern

16.01.2018

  Mit Fehlschlägen umgehen

Schlauer scheitern

Jeder hat schon mal etwas vermasselt, ist mit seinen Plänen baden gegangen oder hat ein ganzes Projekt in den Sand gesetzt. Straucheln, stolpern, Murks im Job? Das geht gar nicht, oder etwa doch?

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Menschen werden an ihren Erfolgen gemessen und Niederlagen werden geächtet. Ein Ziel zu verfehlen, tut weh, ist teuer. Der Druck, Fehler zu vermeiden, kann körperliche (Angst)Reaktionen auslösen: Herzklopfen, feuchte Hände, Schweißperlen auf der Stirn. Etwa 24.000 Unternehmen gingen 2014 in Deutschland pleite. Zurück blieben verschlossene Türen, leere Konten und geplatzte Lebensträume.

Aller Anfang ist schwer. Besonders gefährdet sind Start-Ups. Etwa Dreiviertel der neu gegründeten Unternehmen, so cbinsights, befinden sich nach drei Jahren nicht mehr auf dem Markt. Eine innovative Geschäftsidee, hoch motiviert und zuversichtlich gegründet, entpuppt sich als Fehlschlag. Offenbar wohnt nicht jedem Anfang ein Zauber inne. Die Gründe liegen häufig in einem fehlenden Markt, in geringen Branchenkenntnissen, in einer unklaren Zielegruppe oder in kaufmännischen Mängeln. Während die einen sich frustriert zurückziehen, rappeln sich andere wieder auf. Auf der Ruine ihres gescheiterten Unternehmens errichten sie etwas Neues. So beispielsweise Sascha Schubert, der mit seinem Internet-Start-Up „Bondea“, einem sozialen Netzwerk für Frauen, Schiffbruch erlitt. Der Gründer hielt sich nicht lange mit Selbstmitleid auf und vertreibt mit seiner neuen Firma „Grün Spendino“ eine Software, mit der Hilfsorganisationen online Spenden sammeln und Spender verwalten können. Das Aus seiner ersten Unternehmung veranlasste Sascha Schubert, die „FailCon“ zu gründen, eine Messe, auf der Scheitern thematisiert und als Chance begriffen wird. Ebenso die sogenannten Fuckup Nights, gegründet 2012 in Mexiko, sehen im Scheitern ein motivierendes Erfolgsrezept. Bei den Fuckup Nights, die auch in zahlreichen deutschen Städten stattfinden, berichten Gründer auf professionelle Weise über ihr Scheitern, über die Tretminen, auf die Junggründer stapfen, und über Wege aus der vermeintlichen Ausweglosigkeit. Ziel ist es, eine positive Perspektive auf Rückschläge einzunehmen. – und das Ganze geschieht mit einer gehörigen Portion Humor, Fuckup Nights – kurz FUN, shit happens.

Auch gestandene Unternehmen verfolgen zunehmend das Ziel, eine andere Sichtweise auf Rückschläge einzunehmen. Die Firma Rundstedt hat kürzlich eine interne Fuckup Night veranstaltet, und der offene Umgang mit Fehlschlägen hat offenbar einen effektiven Lernprozess angestoßen.

 

Das Scheitern ist die Schnittstelle zwischen Erkenntnis und Verzweiflung, ein Bruch mit den Erwartungen ... Elke Schmitter

  Learning Company?

Aus Fehlern lernen

Aus Fehlern wird man klug, heißt es floskelhaft. Zahlreiche Unternehmen schmücken sich damit, eine „Learning-Company“ zu sein, in der Fehler als Lernchance begrüßt und die Verantwortlichen nicht mehr an den Pranger gestellt werden. In vielen Firmen allerdings scheint die Null-Fehler-Toleranz sogar einer regelrechten Fehler-Euphorie gewichen zu sein. Das geschieht sicherlich in bester Absicht. Bei näherem Blick entpuppen sich so manche Pleiten, Patzer und Pannen dann als eine reine positive Umdeutung. Aus verfehlten Zielen werden Beinahe-Erfolge, aus verhunzten Strategien eine unglückliche Wende, und der sinkende Umsatz wird mit Minus-Wachstum schöner geredet. „Mit echten Fehlern wird heute kaum freundlicher umgegangen als vor 20 Jahren“, konstatiert Theo Werner, emeritierter Professor von der ETH in Zürich. Die Arbeitswelt wird immer komplexer, und der Unterschied zwischen richtig und falsch verwischt. Das steigert die Unsicherheit und führt dazu, dass Mitarbeiter Risiken vermeiden und sogar keine Entscheidungen mehr treffen. Heute kann im globalen Wirtschaftsgeschehen eine unachtsame Entscheidung einen Ruin herauf beschwören, oder ein kleines Missgeschick sich zu einem Desaster entwickeln. Von daher ist eine Entscheiungsvermeidung zwar verständlich, bremst aber auch jegliche Entwicklungen. Nur wer nichts macht, macht nichts falsch.

Der Ruf in der Geschäftswelt nach einem besseren Fehlermanagement wird lauter, Unternehmen müssen eine "Lizenz zum Scheitern" vergeben.

Unternehmen, die Druck und Sanktionen bei Pannen ausüben, erzeugen Angst und Risikovermeidung. Aus Mitarbeitern, die nach Erfolg streben, können so Misserfolgsvermeider werden, die sich statt auf das gesetzte Ziel auf Fehler konzentrieren. Das kann auch dazu führen, dass Missgriffe vertuscht oder so dargestellt werden, dass man selber nicht dafür verantwortlich gemacht werden kann.

 

Es gibt mehr Leute, die kapitulieren, als solche, die scheitern. Henry Ford

  Niederlagen sind Zwischenbilanz

Fehlermanagement in Unternehmen

Keine Frage: Fehler sind ärgerlich, kosten Geld und sollten vermieden werden. Wie kann die Pannenbilanz verbessert werden? Wer aus seinen Fehlern nicht lernt, geht das Risiko ein, sie zu wiederholen. Das gilt für den Einzelnen und für eine ganze Organisation. Das klingt banal, ist aber nicht leicht umzusetzen. Dass Führungskräfte auf Vorwürfe, Schuldzuweisungen oder Standpauken verzichten, reicht alleine nicht. Zunächst müssen Fehler aus dem „Halbdunkel des Vertuschens“ an die Oberfläche geholt und etwaige Ängste abgebaut werden. Weiterhin ist es notwendig, die Ursache mit allen Beteiligten zu analysieren und der Frage nachzugehen: Was ist schief gelaufen - statt zu ermitteln: Wer hat Mist gebaut. Wer Fehler verheimlicht, sollte mit Konsequenzen rechnen, wer eigene Fehler aufdeckt, verdient Respekt, Offenheit sollte belohnt werden. Selbstverständlich müssen Manager Fehlleistungen kritisch ansprechen, jedoch nicht vor versammelter Mannschaft oder im Fahrstuhl, sondern in einem Zweiergespräch, in dem gemeinsam Ursachen erkannt und konstruktive Lösungen erarbeitet werden. Möglicherweise ergeben sich hierbei auch Hinweise auf Probleme im System. In Meetings können dann Situationen thematisiert werden, die unklare Prozesse oder Abläufe, die Fehler begünstigen, entdeckt werden. Ist eine tragbare Lösung gefunden, sollte sie implementiert werden.

Zentrales Element im Problemlösungsprozess ist die Gründung eines Projektteams, deren Aufgabe darin besteht, einen „Rückfall“ zu vermeiden, die Umsetzung der Lösung sicherzustellen und diese rückzukoppeln mit der Geschäftsleitung und den Kollegen. Hierfür sind zahlreiche Überzeugungsgespräche notwendig, denn eine Verhaltensänderung gelingt nicht auf Knopfdruck. Zielklarheit, Nutzenargumentation und Beständigkeit gegenüber Widerständen sind ebenso eine Voraussetzung wie eine Absicherung in der Geschäftsleitung.

Auch Führungskräfte machen Fehler. Wer hier zu seinen Fehlentscheidungen steht, fördert bei seinen Mitarbeitern die Bereitschaft, selbst Verantwortung zu übernehmen.

Fehler sind nicht der Endpunkt einer Entwicklung, sondern eine Zwischenbilanz auf dem Weg zum Erfolg.

Dass ich bei Apple rausgeschmissen wurde, war das Beste, was mir passieren konnte. Die Schwere des Erfolgs wurde ersetzt durch die Leichtigkeit, wieder ein Anfänger zu sein. Steve Jobs