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Wenn das Publikum im Mittelpunkt steht!

01.08.2013

  Präsentieren

Wenn das Publikum im Mittelpunkt steht!

Stellen Sie sich folgendes vor! Sie sitzen im Kreise vieler Kolleginnen und Kollegen. Sie folgen einem Vortrag. Der Referent steigt mit einer persönlichen Geschichte ein. Die Zuhörer schauen gebannt nach vorne und konzentrieren sich auf die Worte des Redners. Nur wenige Power-Point-Folien werden gezeigt, die Mehrzahl mit aussagekräftigen Bildern. Ansonsten verdeutlicht der Redner seine Gedanken mit dem Flip-Chart. Der Referent hat seinen Vortrag dramaturgisch geschickt aufgebaut, er formuliert in der Sprache seines Publikums und seine Worte treffen direkt ins Herz. Der Vortrag endet zu einem Zeitpunkt, wo das Publikum noch Lust nach „mehr“ verspürt.

Wie oft haben Sie das erlebt? Mein Tipp: Selten oder nie! Die Wirklichkeit im Geschäftsleben sieht anders aus: Der Referent zeigt eine umfangreiche Power-Point-Präsentation. Folie für Folie wird angeklickt, es reihen sich Bullet-Point-Schrift an Bullet-Point-Schrift an Bullet-Point-Schrift... Der Sprecher liest die Sätze vor, das Publikum liest ebenfalls, allerdings jeder mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Es folgt eine Folie, in die eine Excel-Tabelle „hineingepastet“ wurde. Der Vortragende kündigt sie mit den Worten an: „Die Zahlen kann man ab der dritten Sitz-Reihe nicht mehr lesen, aber es kommt ohnehin nur auf die eine Zahl an.“ Seine Rede ist gespickt mit kryptischen Business-Denglisch-Sprüchen, die Umsatzzahlen wurden „geaveraget“ und die Zukunft - mal „in between“ gesagt - befindet sich bereits im Fokus. Irgendwann hört man den Satz: „Ich komme zum Schluss!“ - ein untrügliches Zeichen, dass es noch lange dauert! Und wenn zu allem Überfluss auch noch auf der ersten Folie „Guten Tag“ und auf der letzten „Danke für Ihre Aufmerksamkeit“ steht, hat der Referent endgültig den Kontakt zum Publikum verloren, da er offenbar nicht in der Lage ist, ohne Power-Point zu begrüßen und sich zu bedanken.

Was bleibt beim Zuhörer hängen? Wenig bis Nichts! Jedenfalls nichts Inhaltliches, dafür ein Gefühl, ein Gefühl endloser Leere.

 

Eine gute Rede hat einen guten Anfang und ein gutes Ende und beide sollten möglichst dicht beieinander liegen.Mark Twain

Zwischen “gut gemeint” und “gut gemacht” ist ein himmelweiter Unterschied. Derartige Präsentationen, für die der Begriff betreutes Lesen angemessen wäre, sind im Geschäftsalltag gang und gäbe. Umfragen haben gezeigt, dass ein durchschnittliches Meeting etwa 47 Minuten dauert, aber die Konzentration des Publikums bereits nach 17 Minuten erschöpft ist. Die Teilnehmer gehen ihren Tagträumen nach, koppeln sich aus dem Geschehen aus oder dösen gleich ein. Warum? Viele Power-Point-unterstützte Vorträge sind zu lang, zu langweilig und vom „Wasserfallsyndrom“ infiziert: das Publikum wird mit vollgestopften Folien und Worten regelrecht überschwemmt!

Präsentationen sind für jedes Unternehmen ein Kernstück für die interne und externe Kommunikation. Sie sind eines der wichtigsten Werkzeuge für Zusammenarbeit, Unternehmens-führung und Marktkontakte! Spannend, mitreissend und wirksam zu präsentieren, kann jeder lernen, trainieren und anwenden.

Wichtigster Punkt: Empfängerorientierung! Wer benötigt mit welchem Ziel welche Informationen? Denn die Kunst, sich in das Publikum hinein zu versetzen und aus deren Perspektive zu referieren, bestimmen maßgeblich den Erfolg. Eine dem Inhalt angepasste, spannend aufgebaute Dramaturgie wird jeden Teilnehmer fesseln, insbesondere dann, wenn der Referent mit Bildern und persönlichen Geschichten zu faszinieren weiss. Weniger ist mehr! Komplexität runter - die Aufnahmekapazität ist immer begrenzt.

Inhaltsleere Worthülsen im Business-Jargon sind weit verbreitet, sie erreichen allerdings den Zuhörer kaum! Beispiel ist folgender Phrasenmäher: „Unsere Mitarbeiter, die dynamisch, flexibel und proaktiv Synergie-Effekte optimal nutzen und deren Kernkompetenz in effizienten, zukunftsorientierten und nachhaltigen Werten liegt, sind Teamplayer und comitten sich untereinander!“

Wer sein Publikum wirkungsvoll erreichen will, reduziert Fremdwörter, verzichtet auf Floskeln und Abkürzungen und bevorzugt Verben statt Hauptwörter. Überhaupt die Sprache: In vielen Branchen wird fachsprachlich kommuniziert. Wer vor fachfremden Publikum referieren will, sollte sich rhetorisch anpassen, damit man ihm folgen kann.

Wer Sprechpausen einlegt, die Stimme moduliert und durch „Reden mit Doppelpunkt“ einen Bogen spannt, zieht die Zuschauer in Bann. Wer durch Metaphern und Analogien Bilder im Kopf der Zuhörer erzeugt, gewinnt! Und wer es sogar schafft, Zuhörzwang aufzubauen, der trifft auf wahrhaft offene Ohren und wird mit einem begeisterten Publikum belohnt.

Ich erinnere mich an einen Referenten, der einmal treffend formulierte: „Steh aufrecht, damit Du gesehen wirst - sprich laut, damit Du gehört wirst - fasse Dich kurz, damit Du gemocht wirst!“

 

„Tritt frisch auf! Tu `s Maul auf! Hör` bald auf!“ Martin Luther