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Neuroleadership - Motivation

07.09.2015

  Neuroleadership Teil 1

Führung: Wie kann man Mitarbeiter motivieren?

Seit die Hirnforschung Einblicke in die Arbeitsweise unseres Denkorgans ermöglicht, erleben die Neurowissenschaften eine bisher nie gekannte Blütezeit! Längst geht es nicht mehr nur darum, Grundlagen zu erkennen, neurologischen Krankheiten auf die Spur zu kommen und therapeutische Ansätze zu entwickeln. Die Wissenschaft ist dabei, bislang unbeackerte Felder zu erforschen, und Hinweise zu liefern, wie die Erkenntnisse in konkretes Handeln umgesetzt werden können: Neuromarketing, Neuroselling, Neurodidaktik und eben auch Neuroleadership.

Jedoch nicht alles, was mit „Neuro“ verbunden wird, basiert auf gesicherten neurowissenschaftlichen Erkenntnissen. So manche pseudowissenschaftliche These entpuppt sich als haltloses Wirkungsversprechen. Der Neurowissenschaftler Hennig Beck zerrupft in seinem Buch „Hirnrissig“ die größten Neuromythen und beschreibt vergnüglich, wie unser Gehirn tatsächlich „tickt.“ Linkes Hirn die Logik, rechtes Hirn die Kunst? Blödsinn! Wir nutzen nur 10 Prozent unseres Gehirns? Eine Hirnlegende! Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr? Über Bord damit!

Wenn also so manches Führungskräfte-Training sich neurobiologisch schmückt und verspricht, einen Werkzeugkasten zu öffnen, mit dem eine erfolgreiche Führung gelingen kann, so ist es Neuro-Bullshit. Derartige Angebote basieren auf einem mechanistischen Verständnis der Gehirnarbeit. In unserer Denkkapsel befinden sich hochkomplexe, dynamische Systeme, die nicht mit „Tools“ , Rezepten oder auf Knopfdruck in Gang gesetzt werden können. Auch gibt es keinen „Schlüssel“ für gute Führung.

 

Motivation ist kontraproduktiv! Du kannst einem Menschen nicht von außen aufdrücken, was er im Inneren nicht will. Rolf Söder

 

  Belohnungssysteme und andere Motivatoren

Plastizität des Gehirns: Grundpfeiler für Neuroleadership

Doch was kann die Neurobiologie für eine erfolgreiche Führungspraxis beitragen?

Zunächst einmal die Erkenntnis, dass unser Gehirn sich durch eine unfassbare Wandlungsfähigkeit auszeichnet. Von den schätzungsweise 100 Milliarden Nervenzellen, die unser Gehirn beherbergt, kann jede einzelne von ihnen bis zu 15 Tausend Kontaktstellen mit anderen Neuronen bilden, die auch wieder verstärkt, gekappt oder durch neue ersetzt werden können. Diese Plastizität des Gehirns ist ein Grundpfeiler für Neuroleadership und befähigt den Menschen, zu lernen, sich anzupassen und zu verändern. Logischerweise gilt das auch für Führungskräfte und Mitarbeiter– lebenslang! Man kann Führung also lernen! Allerdings nur, wenn die innere Bereitschaft vorliegt.

Dummy

Fragen - Zuhören - Argumentieren

Damit sind wir beim Thema. Belohnungssysteme sind in vielen Unternehmen die Nummer eins unter den Motivationsmitteln. Wir erlebten das ja bereits in der Kindheit: Für gute Schulnoten gab es „Lachmännchen“, Lob oder mehr Taschengeld, waren die Ergebnisse schlecht, hagelte es Kritik, zuweilen auch Strafen. Ein derartiges Belohnungsprogramm funktioniert bereits bei Kindern nur begrenzt, und im Job lassen sich die Mitarbeiter kaum durch Boni langfristig motivieren.

Blicken wir auf die von zahlreichen Unternehmen praktizierten Bonusprogramme, entdecken wir bekannte Motivatoren wie Prämien, Incentives, Spaßprogramme oder Dienstwagen. Derartige Sonderanreize, die oftmals noch nicht einmal auf einer bewusst entwickelten Strategie beruhen, zielen weitgehend auf finanzielle Vorteile und basieren auf der Lernpsychologie des frühen 20. Jahrhunderts: Zuckerbrot und Peitsche! Jeder Mensch ist allerdings einzigartig, kein Gehirn gleicht dem anderen. Mit seinen individuellen Lebenserfahrungen formt er eine ganz persönliche Wirklichkeit und entwickelt ein Bündel individueller Wertvorstellungen. Diese „neuronale Diversity“ – zeigt, dass es nie den passenden Schlüssel für eine Motivation gibt. Auch wenn Mitarbeiter die Zuwendungen gerne empfangen, so stellt sich doch die Frage, ob sie durch das Motivationsprogramm zu höherer Leistung angespornt werden oder sie für ihre ohnehin vorhandene innere Motivation belohnt werden. Menschen denken und handeln aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen und legen fest, was erstrebenswert und wertvoll ist. Das alles ist kein großes Geheimnis. Publikationen, die sich mit dem Thema beschäftigen, füllen kilometerlange Buchregale. Reinhard K. Sprenger beispielsweise hat in seinem Bestseller „Mythos Motivation“ bereits vor Jahren treffend dargelegt, dass die weit verbreiteten Belohnungssysteme kontraproduktiv sind, dass sie die Passivität fördern und letztlich sogar demotivierend wirken können. Zu den gesicherten Befunden der Hirnforschung gehört nun, dass der Mensch nur dann von außen motiviert werden kann, wenn es seinem inneren Antriebsmuster entspricht. Und herkömmliche Belohnungsprogramme gelten nur für einen Teil der Mitarbeiter. Die meisten Menschen sind zu Beginn ihrer Tätigkeit hochmotiviert, bleiben es aber nicht. Woran liegt das? Viele fühlen sich unzureichend informiert, ihr Chef hat kaum Zeit, bei Konflikten wird gebrüllt oder geschwiegen. Es wirkt demotivierend, wenn Vorgesetzte ihre Mitarbeiter mit Druck und Angst, Misstrauen und Kontrollen, zum Erfolg führen wollen. Die (Eigen-) Motivation der Mitarbeiter nimmt ab, und wenn auf die innere Kündigung keine äußere folgt, steigt der Leidensdruck, der sich oft im Kollegenkreise gruppendynamisch entlädt und sich wie ein Krankheitserreger im Unternehmen verbreitet. Die Neurowissenschaft zeigt, dass eine negative innere Einstellung Abwehrverhalten begünstigt. Führen durch „Druckbetankung“ erzeugt Stress im Gehirn und wirkt leistungsmindernd.

 

Der Führungsstil des direkten Vorgesetzten ist einer der wichtigsten Einflussgrößen auf die Gesundheit von Mitarbeitern. Jörg Felfe

 

  Beziehungsmanagement

Das Gehirn ist ein Sozialorgan!

Welchen Nutzen bietet Neuroleadership? Der Begriff hat für viele Führungskräfte noch immer einen gewissen „Psycho-Eso-Touch“. Gehirngerechte Führung bedeutet, die Mitarbeiter auch auf der emotionalen Ebene zu begleiten und ihnen mit Respekt und Verständnis zu begegnen. Das erhöht das Ergebnis weit besser als der alleinige Blick auf die Key Performance Indices. Was bisher vorwiegend aus der Psychologie bekannt war, wird nun von harten Fakten der Hirnforschung bestätigt und teilweise ergänzt. Unser Gehirn ist kein Datenspeicher, sondern ein Sozialorgan. Ein Team zu leiten kann nicht bedeuten, vermeintliche „Low-Performer“ abzukanzeln, Andersdenkende auszugrenzen, Mitarbeiter vom Mailverteiler zu entfernen oder sie bei Einladungen unberücksichtigt zu lassen. Mit derartig strafenden Abwertungen wird das gleiche Gehirnareal aktiviert wie bei einem körperlichen Schmerz. Evolutionsbiologisch erklärbar war der Verlust an Zugehörigkeit in der Steinzeit lebensbedrohlich, heute führt eine abwertende Behandlung zu sozialem Stress oder gar zu einem Burn-Out.

Aus Sicht der Gehirnforschung sind Führungskräfte heute gefordert, über die „Tool-Ebene“ hinaus auf der zwischenmenschlichen Ebene zu kommunizieren, Motivationsprogramme kritisch zu hinterfragen, und bei allem Tun und Handeln die Mitarbeiter „mitzunehmen“. In puncto Motivation ist heutzutage ein ganzes Bündel möglicher Motivatoren notwendig: mitarbeiterorientiertes Fordern und Fördern, monetäre Anreize, Lob, Anerkennung und aufbauende Kritik, empathische Fähigkeiten, mit denen der Chef sich in die Denkweise des Mitarbeiters hinein versetzen kann. So entsteht eine vertrauensbetonte Zusammenarbeit, welche die Loyalität steigert und sich in Umsatzzahlen positiv auswirkt. Erfolgreiche Führungspersönlichkeiten sind Beziehungsmanager.

In Kürze folgt ein weiterer Blogartikel zum Thema Neuroleadership.

 

Die stärkste Motivationsdroge für den Menschen ist der andere Mensch. Joachim Bauer