Selbstbild im Spiegel der Fremdbilder

Feed-Back: Alles gut oder was?

Daumen hoch oder Daumen runter, Smileys in Ampelfarben, Skala von 1 = schlecht bis 5 = hervorragend. Egal ob im Flughafen, beim Einkaufen, im Internet oder sogar nach einem Besuch einer öffentlichen Toilette, nahezu überall werden wir aufgefordert, eine Bewertung abzugeben. Man wolle sich ja, so wird versichert, verbessern. Feed Back ist zu einem inflationären Ritual mit Abstumpfungswirkung verkommen. In Zeiten der „Rating-Economy“ buhlt fast jeder Anbieter mit nervender Aufdringlichkeit um Anerkennung seiner Leistung.

Jeder Mensch kann uns als Spiegel dienen, in dem wir alle Fehler und Mängel erblicken, die in uns sind.

Leo Tolstoi

In der Arbeitswelt finden so genannte Feed Back Gespräche statt. In der Regel wird einmal im Jahr ein Termin vereinbart, bei dem innerhalb von ein bis zwei Stunden für das ganze Jahr, also 365 Tage, ein Feed Back gegeben wird. Stellen Sie sich einmal vor, Sie sind bei einem Freund zu einem Essen eingeladen. Wann teilen Sie mit, ob ihnen das Gericht geschmeckt hat? Nach dem Prinzip des Jahresgesprächs müssten Sie mehr als 300 Tage warten. Da stellt sich auch für den kochenden Freund die Frage, warum die Rückmeldung erst so spät kommt, dann hätte er doch noch etwas ändern können.

Wenn Führungskräfte Feedbackgespräche mit ihren Mitarbeitern führen, tragen sie eine besondere Verantwortung für den Inhalt und die Form ihrer Rückmeldung, und der Faktor Macht spielt meistens eine wichtige Rolle. Lob, Vorwürfe, Komplimente und Anweisungen, die häufig in Jahresgesprächen formuliert werden, haben mit Feed Back nichts zu tun. Wer nach dem Motto verfährt „Nicht geschimpft ist genug gelobt“ hat nicht verstanden, dass Feedback ein wichtiges Führungsinstrument ist.

Blicken wir auf das Feed-Back-Ritual zum Ende einer Weiterbildung. Die „Wie-war-es-Abfrage“ erfolgt kurz vor Abschluss des Trainings. Der Trainer bittet die Teilnehmer, ihre Rückmeldungen auf Pin-Kärtchen zu notieren, die dann irgendwo für alle sichtbar befestigt und anschließend überflüssigerweise sogar noch „besprochen“ werden. Zu einem Zeitpunkt, an dem viele Teilnehmer auf die Uhr schauen und abreisen wollen, sollen Antworten auf die dürftigen Fragen „Wie war das Training?“ und „Wie war der Trainer?“ gefunden werden. Unter Zeitdruck und geleitet vom Motiv „Jetzt-bloß-keinen-Konflikt riskieren“ lesen wir auf diesen Kärtchen: praxisnah, verständlich, kompetent, tolle Trainerin, gutes Seminar, hat Spaß gemacht und viele andere bedeutungsarme, aber wohlgemeinte Begriffe. Diese „Happy Sheets“ folgen mehr der vermuteten Erwünschtheit und sind weniger von der Absicht geleitet, eine ehrliche Rückmeldung zu geben. Derartige Feedbackrunden am Ende eines Seminars sind weitgehend wertlos. Sie vermitteln einen augenblicklichen Eindruck, nicht aber die Wirkung, die sich nach einigen Wochen im Joballtag bemerkbar macht.

Ein Mann und eine Frau im Gespräch am Tisch

Wirkungsvolles Feed-Back

Bedauerlicherweise gibt es immer noch Trainer, welche ein ermüdendes „Reihum-Feed-Back“ praktizieren. Hierbei tritt die Freiwilligkeit in den Hintergrund, alle sind gefordert und jeder weiß, wann er „drankommt“. Und bei der Rückmeldung entgeht so mancher Teilnehmer einer klaren Antwort, wenn er sagt: „Es ist alles gesagt, ich schließe mich den Vorrednern an“. Die Luft ist nun endgültig raus und es gibt keine schlechtere Methode, einen Schlusspunkt zu setzen.

Dass derartig ermattende Rituale herzlich wenig mit einem echten Feed-Back zu tun haben, und für den Trainer sinnlos sind, hat sich herumgesprochen. Von daher sind Alternativen entwickelt worden, welche dynamischer und möglicherweise auch aussagekräftiger daherkommen.

Wirkungsvolle Rückmeldung

Resonanz-Feed-Back

Eine bemerkenswerte Alternative wäre eine gehirngerechte visuelle Unterstützung, die  eine zunehmende Verbreitung findet und eine recht offene Methode ist,Feed Back zu geben. Es werden zahlreiche Fotos, beispielsweise aus einem Bildkartenset, auf dem Boden ausgebreitet. Mit der Frage „Suchen Sie sich ein Bild aus, das ihre aktuelle Stimmung besonders gut wiedergibt und schildern sie, weshalb das so ist“ oder „Wählen Sie eine Abbildung, welche die Themen des Workshops besonders passend darstellt“ motivieren die Teilnehmer, frei und ungebunden über das Seminar nachzudenken und zu reflektieren.

Die Bildermethode ist für ein gehirngerechtes Feed Back besonders geeignet, weil Bilder die Sprache des Gehirns sind und weil sie an die Erfahrungen und Erlebnisse des Seminarteilnehmers anknüpfen. Somit wird ein direkter Zugang zur Erlebniswelt des Feed Back Gebers geöffnet. Und das zählt zu einem erfolgreichen Lernprozess.

Weit verbreitet ist die Regel, dass eine Rückmeldung beschreibend und nicht bewertend erfolgen soll. In meiner Lehrpraxis habe ich immer wieder erlebt, dass diese Trennung nicht vollzogen wird. Da jeder Reiz, der in das Gehirn gelangt, im Limbischen System eine emotionale Färbung erhält und erst anschließend „verarbeitet“ wird, fällt es vielen Feedback-Gebern offenbar schwer, auf eine Bewertung zu verzichten. 

Die Autoren Chris Wolf und Heinz Jiranek, beide Psychologen, die auch als Trainerin bzw. Trainer tätig sind, haben das Buch „Feed Back – Nur was erreicht, kann auch bewegen"geschrieben. Die Autoren entwickeln dort ein „Resonanzfeedback“ (Resonanz von lateinisch sonare, widerhallen), das aus fünf Elementen aufeinander aufbaut: Wertschätzung, Emphase, Wahrnehmung, Wirkung, Wunsch. Dieses Resonanz-Feed-Back eignet sich für Führungskräfte, Weiterbildner und andere Personen, die eine Rückmeldung in ihrem Leben anwenden wollen.

Die Wert- Schätzung: ist die Basis jedes Feedbackgesprächs. Sie muss nicht positiv sein, sogar Personen, die sich menschlich oder inhaltlich nicht schätzen, können vom Feedback profitieren. Voraussetzung ist allerding ein hoher Grad an Offenheit. Feedbacknehmer und Feedbackgeber sollten wissen, wie sie zueinanderstehen. Insofern richtet sich Feedback in beide Richtungen.

Wir tauschen nicht Wahrheiten aus, sondern Wahrnehmungen, nicht Fakten, sondern Konstruktionen der Wirklichkeit.

Heinz Jiranek

Mit Emphase ist der Zeitpunkt des Feedbackgesprächs gemeint, um eine Wirkung zu erzielen.  Das heißt nicht auf Feedback zu warten, bis eine sich passende Gelegenheit bietet. Die Rückmeldung ist am wirkungsvollsten, wenn die Situation oder der Vorgang noch gut in Erinnerung sind.

Die Wahrnehmung des Feedbackgebers beschreibt verständlich und präzise, wie sich der Feedbacknehmer aus seiner Sicht verhalten hat. Wahrnehmung ist immer subjektiv und hat nicht unbedingt mit Wahrheit zu tun und ist keinesfalls überlegen.

Wirkung: Dann erklärt der Feedbackgeber, welche Wirkung das Verhalten des anderen ausgelöst hat. Hier geht es nicht um Bewertungen, also nicht darum, ob man das Verhalten gut oder schlecht findet. Wertvoll ist, wenn der Feedback-Geber eine Perspektive einnimmt, die der Feedback-Nehmer nicht haben kann, und er sich entscheiden kann, ob er die Rückmeldung nutzen kann. 

Zum Abschluss wird der  geäußert, welches Verhalten man sich zukünftig wünscht. Das ist als Angebot zu verstehen. Die Entscheidung über den Umgang mit der Rückmeldung liegt immer nur beim Feedback-Nehmer.

„Resonanz-Feedback", so Chris Wolf und Heinz Jiranek, "will daher nicht Menschen verändern, sondern versucht den Gesprächspartner zu unterstützen, für seinen eigenen Weg des Besser-Werdens die Entscheidungen zu treffen, die für seine Person richtig sind. Der Feedbacknehmer muss diese Entscheidungen selbst treffen. Resonanz-Feedback lässt dem Empfänger immer die Wahl, wie er mit den Botschaften verfahren möchte.“ 

Es geht auch nicht um richtig oder falsch, sondern darum, ob das Feedback den Menschen wirklich erreicht. Feedback ist kein Instrumentarium zur Verhaltens- oder Einstellungsänderung. Das kann zwar erfolgen, in der Praxis geschieht das jedoch sehr selten. Wirkungsvoll ist Feedback, wenn eine Resonanz im Alltag des Feedback-Nehmers erzeugt und dort verankert wird.

"Ich weiß nicht, was ich gesagt habe, bevor ich die Antwort meines Gegenübers gehört habe." - so Paul Watzlawick